Literarische Gesamtkuddelmuddel live

Freiluft-Lesung beim KulturSommer Summarum am Freitag 7.7. um 17:30 Uhr in Knoops Park

Nach drei Jahren Pause ist es mal wieder an der Zeit, Schnipsel, Schnappschüsse und Storys in den öffentlichen Raum zu streuen. Am Freitag ist es endlich soweit, dann präsentiere ich Geschnipseltes aus meinem literarischen Gesamtkuddelmuddel live im Rahmen des KulturSommers Summarum in Knoops Park. In feinster Umgebung bei bestem Bremer Sommerwetter gibt`s eine 45-minütige Lesung in drei Teilen unter den Überschriften „Existenzschnipsel“, „Kleinstadttrümmer“ und „Schnappschüsse“.
Es soll wohl pünktlich um halb sechs beginnen, denn vorher und nachher wird noch mehr Kulturprogramm geboten. Also, gerne vorbeikommen. Bin gespannt und freue mich auf bekannte und unbekannte Gesichter im Publikum.
Weitere Infos unter: http://www.sommer-summarum.de

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mitten in europa (ende märz 22)

9 monate
wiederentdeckte märzzeilen 
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mitten in europa(ende märz 22)

wieder ein jahr 
jetzt sogar 
mit feier 
nach zwei jahren 
feierverbot 
im lockdown 
natürlich 
im kleinen kreis 
natürlich 
aber was 
gibt’s eigentlich 
zu feiern 
in der tagesschau 
sterben menschen 
jeden abend 
nein 
nicht 
in der tagesschau 
in echt 
und ich weine 
jeden abend aufs neue 
für zwei minuten 
manchmal 
vielleicht drei 
wegen der bilder 
der bilder von … 
_ _ _- 
- 
schmiere mir 
eine käsetulle 
krieg 
mitten in europa 
mitten in europa 
hätte wer gesagt 
vor zwei monaten 
zwei minuten tränen 
dann sportlottozahlenwetter 
und ich beiße in die stulle 
denke an fußball 
mitten in europa 
ein krieg 
„Ich brauche keine mitfahrgelegenheit 
ich brauche munition“ 
sagt der präsident 
der ukraine 
„ich will zurück 
nach Bremen“ 
sagt ein freund 
aus berlin 
aus angst 
vor russischen raketen 
seit der krieg 
ausgebrochen ist 
scheint die sonne 
jeden tag 
nach drei monaten november 
wieder ein jahr weniger 
wir sitzen auf meinem balkon 
essen kuchen trinken milchkaffee 
tauschen urlaubspläne aus 
rügen schweden südfrankreich 
mitten in europa 
syrien jemen afghanistan 
irgendwo auf der welt 
spielt eine mannschaft 
um den aufstieg 
irgendjemand where is my mind 
von den pixies in meinem kopf
(wie platt ist das denn?!) 
die platte springt 
aber die sonne scheint 
abends nicht mehr 
wenn die tagesschau läuft 
im dunkeln 
weint es sich besser 
und das abendbrot schmeckt 
ein bisschen 
salziger 
aber immer noch 
gut 
mitten 
in 
europa 

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Im Berg- und Textwerk

Am Donnerstagabend kommt Clemens Meyer im Rahmen der Lesereihe Satzwende nach Bremen. Ich darf die Lesung in der Bremer Shakespeare Company moderieren und habe sein aktuelles Buch „Stäube“ fürs Literaturmagazin Bremen besprochen. Den vollständigen Lesetipp findet ihr dort und nun auch hier.

Der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer ist dafür bekannt, Geschichten vom Rande der Gesellschaft zu erzählen. Ob Arbeitslose, Prostituierte oder Kleinkriminelle, gerne rückt Meyer Menschen ins Rampenlicht, die sonst oft im Schatten verborgen bleiben. Meisterhaft gelang ihm dies vor allem in seinem Roman Im Stein, der 2014 mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet wurde, aber auch in seinem Debüt Als wir träumten und in zwei Erzählungsbänden. Zuletzt ist im vergangenen Herbst unter dem Titel Stäube ein schmales Buch mit drei Erzählungen erschienen, in denen der 44-Jährige erneut die Randzonen unserer Gesellschaft erkundet.

Die drei kurzen Erzählungen sind alle in der Bergbauregion Ostdeutschlands angesiedelt, ohne dass Orte tatsächlich benannt werden. In der ersten Geschichte kehrt ein Sohn heim in die vom Tagebau zerstörte Landschaft, um seine Mutter zu überzeugen, endlich fortziehen. Doch obwohl fast alle anderen weg und die Nachbardörfer der Braunkohle gewichen sind, will sie bleiben.

In der zweiten Erzählung tauchen wir mit einem Bergmann in seine Erinnerungen und die Tiefen und Mythen des Untertagebaus ein, während in der dritten eine Teenagerin davon erzählt, wie sie in einem ausländerfeindlichen Umfeld für einen jugoslawischen Jungen schwärmt und amerikanische Touristen für Geld zu einem explodierten Haus führt. In diesem Haus hätten zwei Männer und eine Frau gewohnt, die „Waffen hatten und mit den Waffen durchs Land reisten, in andere Städte reisten, weit weg, und den Tod dorthin brachten“. Dass es hier um die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) geht, scheint offensichtlich, dennoch verzichtet Meyer auf konkrete Benennungen. Dieser Verzicht passt zu Meyers Methode, in seinen Geschichten stellenweise die Grenzen zwischen Realität, Fiktion und Traum geschickt zu verwischen. Immer wieder verwebt sich die eigentliche Handlung mit Erinnerungs- und Traumbildern, was den Storys etwas Zeitloses sowie eine zarte, zuweilen gar mystische Note verleiht.

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Rosé-Champagner ohne Schoko in der Strandmuschel (furchtbar angenehm)*

strandmitsteinen

Der Koch kann gehen“, sagt die ältere Dame vom Nebentisch in der Strandmuschel zum Kellner, der mir just meinen Cappuccino zusammen mit einem kolossalen Stück Apfelkuchen serviert hat.

Wieso?“

Die Nudeln müssen al dente sein! Diese hier waren furchtbar klebrig.“

Sei´s drum, sie hätte nun gern eine Mousse au Chocolat. Es tue ihm leid, das hätten sie leider nicht da, sagt der junge Mann und zählt auf, was er ihr stattdessen bringen könne; und während er die Namen allerlei Desserts nennt, nippe ich an meinem Cappuccino und schaue aus dem Restaurant über die Dünen und den Strand von Sylt hinaus aufs Meer, in dem die Sonne gemächlich versinkt.

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Leben in Gewitterwolken

 _ _ Das Leben in Gewitterwolken _ _ Warten auf Entspannung zwischen Zuckerwatte und Eiskristallen _ ein süßes Paradies, so fluffig und zart, legt sich wie Löschpapier auf meine Festplatte _ dazu täglich einen Milchkaffee mit Opium zum Einschlafen _ so kann ich hier träumen mit offenen Augen _ im Hintergrund das Flüstern der Glückskekse („Sisyphos war ein Bergarbeiter ohne Rentenversicherung …“) höre ich nicht _ nur das kandierte Pink in meinen Ohren knistert leicht _ und hin und wieder zuckt ein Blitz vor den Gläsern meiner 3D-Brille _ _ _

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Januar-Blues – Täglich Winter

Wieder Winter. Täglich Winter. Wiederholung in Grau. Mit Glück gibt’s eine Prise Puderzucker oben drauf oder einen Schuss Sonne. Das macht’s bekömmlicher. Also warten auf die Wintersonne, warten auf das leuchtende Weiß. Auf das Knirschen der Schritte im Schnee. Auf Kugelgestalten im Park. Auf rodelnde Kinder am Deich. Auf die Verwandlung der Welt. Zumindest für ein paar Stunden, vielleicht sogar Tage. Bis dahin gibt’s Grau in Grau. Alltag ohne Farbe. Täglich wieder. Täglich Winter. Wiederholung in Grau …

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Corona-Tänze

_ jetzt tanzen wir wieder in masken täglich von neuem _ jetzt geben wir uns wieder küsse mit abstand _ handküsse von frisch desinfizierten tellern _ jetzt umarmen wir uns wieder mit faust auf faust _ jetzt bleiben wir wieder fern unseren eigenen feiern vom vorvergangenen jahr _ jetzt vermessen wir wieder die distanz zu unseren eltern mit dem zollstock _ und fegen unseren atem mit winterluft fort _ _ _ aber manche tanzen und tanzen und tanzen quer _ tanzen auf pappmaché-barrikaden mit fackeln in den fäusten _ ohne abstand oder masken, aber mit hüten aus alu und gestohlenen sternen auf der brust _ johlen und toben sich ins recht im schatten der reichsflaggen _ tanzen und tanzen und tanzen quer _ _ _ und all diesen möchtergern-tänzern schenke ich von herzen mit abstand meinen mittelfinger _ meinen frisch desinfizierten linken mittelfinger _ _ _
und wir tanzen und tanzen und tanzen _ _ _

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9/11

Gerade einen knappen Monat haben wir die Wohnung unterm Dach in der Wulfhoopstraße, meine Freundin und ich, als morgens das Telefon klingelt. Ein Freund, der ein paar Straßen weiter wohnt, ist am Apparat – der wirklich noch ein Apparat ist (mit Kabel und so), fragt, ob wir das schon mitgekriegt hätten. Was denn?, frage ich. In New York, sagt er, in New York sei ein Flugzeug ins World Trade Center geflogen. Habe er eben im Radio gehört. Ob er vorbeikommen könne, um die Nachrichten im Fernsehen zu schauen.

Ja, sage ich, klar, soll er machen, bis gleich. Im Gegensatz zu ihm haben wir einen Fernseher, wenn auch nur eine kleine alte Kiste ohne Fernbedienung, die meistens unbenutzt in der Ecke steht. Ich schalte den Fernsehapparat an. Meine Freundin steht neben mir, fragt, was los sei, doch da flimmern schon die rauchenden Türme über den Bildschirm.

Zu dritt sitzen wir schließlich einige Minuten später auf dem Sofa, sehen immer wieder das Flugzeug, den Rauch, die aus dem Turm springenden Menschen, die einstürzenden Zwillingstürme und die vor dem Rauch und den Trümmern durch die Straßen New Yorks Davonstürmenden.

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Explodierende Pipelines

Ein Zeitungsfoto von Andreas Malm aus der Wochenzeitung die ZEIT und das Cover seines Buches "Wie man eine Pipeline in die Luft jagt"

Seit Januar geben das Bremer Literaturkontor und das virtuelle Literaturhaus Bremen gemeinsam das Literaturmagazin Bremen heraus. Seitdem gab es Ausgaben zu den Themen Freundschaft, Menschenrechte, Wasser, Poesie, Expeditionen und Krimi. Ich bin zwar Teil der Redaktion, die gemeinsam die Themen und Ausgaben plant, war aber bisher leider nicht dazu gekommen, eigene Beiträge beizusteuern. Doch für die aktuelle Ausgabe zum Thema Klima habe ich nun eine Rezension beigesteuert, und zwar zu Andreas Malms Sachbuch „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“, die ab heute im Magazin und hier auf meinem Blog zu lesen ist. Ein Blick ins Magazin lohnt auf jeden Fall, dort kann man auch noch alle Beiträge der vergangenen Ausgaben nachlesen, -hören und -schauen. Also, einfach mal stöbern. Und hier die Buchbesprechung

Gewalt ist keine Lösung, heißt es. Eine Binsenweisheit, der man gerne nickend beipflichtet. Aber stimmt diese Aussage wirklich in jedem Fall oder kann Gewalt manchmal doch dabei helfen, Probleme zu lösen? Diese Frage erörtert der schwedische Humanökologe Andreas Malm in seinem Sachbuch „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“. Anders als der knallige Titel suggeriert, liefert Malm keine Anleitung für explosive Aktionen, allerdings durchaus Denkanstöße für den militanten Widerstand gegen die Verursacher der Klimakatastrophe.

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Schnappschuss mit frittiertem Fisch und Möwe

Brighton Beach mit Blick auf die Seebrücke (Brighton Palace Pier)

Es ist Urlaubszeit und ich hocke im verregneten Bremen. Was tun? Zum Beispiel in vergilbten Notizbüchern herumblättern und Urlaubserinnerungen wie diese hervorkramen:

Brighton. Mein erstes Mal im größten und bekanntesten südenglischen Seebad. Vor einer halben Stunde habe ich in dem leicht schäbigen Hostel eingecheckt, das mir der Typ in der Touristeninfo wärmstens empfohlen hatte, und mir anschließend an der Ecke meine ersten Fish & Chips gekauft. Nun sitze ich am Strand auf Kieselsteinen, mein überteuertes frittiertes Willkommensmenü in den Händen haltend, und schaue auf den Ärmelkanal, während die Sonne über der dichten Wolkendecke scheint und die Möwen kreischen.

Also alles bestens, ich bin im Urlaub und glücklich darüber, im Urlaub zu sein … und glückliche Urlauber gelten anscheinend als leichte Beute, denn noch bevor ich ein erstes Mal von meinem Fisch abbeißen kann, kommt von hinten eine Möwe angeschossen und schnappt sich ein fettes Stück mein Fischs, das ihr allerdings sofort wieder entgleitet und neben meinem linken Knie in den Kies plumpst (bad luck for both of us). Nun trippelt die Möwe mit Sicherheitsabstand auf und ab, offenbar unschlüssig, ob sie es wagen soll oder ob ihr Ärger mit mir drohen könnte, obwohl ich ihr so aufmunternd zulächle.

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